SPD Fraktion im Rat der Stadt Brakel lehnt Haushalt 2021 ab!
Brakel im März 2021
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Temme,
verehrte Damen und Herren der Verwaltung,
geschätzte Ratskolleginnen und –kollegen,
Vertreter der Presse und liebe Zuhörer,
was für ein Jahr liegt hinter uns.
Der Ausbruch von Corona hat vieles verändert. Schulen, Kindergärten, der Einzelhandel, Gastronomien, öffentliche Einrichtungen u.v.m. mussten geschlossen werden. Diese richtigen Maßnahmen führten zu finanziellen und unternehmerischen Tragödien.
Auch die sozialen Kontakte mussten vermieden werden. Es gab vereinsamte und verzweifelte Menschen, auch durch schwere Krankheitsverläufe und zahlreiche Todesopfer.
Vor einem Jahr hat niemand von uns an derartige Einschränkungen in allen Bereichen des öffentlichen und auch des privaten Lebens gedacht oder auch nur solche Einschränkungen für möglich gehalten.
Es wurden neue Wege erdacht und umgesetzt, welche vorher teilweise undenkbar waren, wie z.B. Homeschooling, Homeoffice, Liefer- und Bringservice, Einkaufshilfen usw.
Auch auf politischer Ebene im kommunalen Bereich gab es viele Veränderungen. Sitzungen wurde abgesagt oder mussten unter CoronaBedingungen durchgeführt werden, viele Projekte wurden durch Dringlichkeitsentscheidungen ermöglicht, andere Projekte verschoben bzw. ausgesetzt. Alle diese Maßnahmen wurden von unserer Fraktion unterstützt und sogar teilweise sehr begrüßt.
Ich möchte an dieser Stelle ein Lob der Verwaltung und auch Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Temme, sowie auch Euch liebe Ratskolleginnen und –kollegen aussprechen, für einen, in dieser Zeit
immer offenen, fairen und unkomplizierten Umgang miteinander zum Wohl unserer Stadt.
Anfang 2021 war dann „Licht am Ende des Tunnels“ in Sicht. Die Inzidenzzahlen/Infektionsraten sanken, die Impfungen begannen, der Lockdown wurde zurückgefahren, Aussagen nach sollten allen Bürgerinnen und Bürgern bis Mitte des Jahres ein Impfangebot gemacht bzw. Impfstoff angeboten werden; also das Leben schien sich wieder zu normalisieren.
Auch der Haushalt der Stadt Brakel – so scheint es – kann somit unter „normalen“, nicht unter „Coronabedingungen“ zu beraten/zu verabschieden sein.
Aber…ist dem so?
Wie gesagt, es scheint so. Aber in 2021 werden viele, auch erst im Nachhinein zu erkennende Auswirkungen sichtbar, spürbar sein und jetzt noch nicht absehbare Aspekte auftreten. Das RKI spricht bereits offen über einen Wert nach Ostern von 300, der Impfstoff Astrazeneca soll Nebenwirkungen haben und die Impfungen erstmal vorübergehend gestoppt werden, die versprochenen Schnelltests sind nicht in der avisierten Anzahl vorhanden und, und, und….
Somit sollten wir auch unseren städtischen Haushalt differenzierter, also auch noch unter Coronabedingungen betrachten.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Temme,
geschätzte Ratskolleginnen und –kollegen,
die SPD Fraktion hat den Haushalt daher unter der oben beschriebenen Maßnahme überdacht, diskutiert und Überlegungen angestellt.
Wir begrüßen ausdrücklich die Nichterhöhung der Grundsteuern A und B, sowie der Gewerbesteuer. Weiterhin tragen wir alle Investitionen, Baumaßnahmen, Sanierungsmaßnahmen, Projekte mit. Allerdings mit einer Ausnahme. Hierzu jedoch später…
Unter dem Gesichtspunkt, wo können wir den Bürgerinnen und Bürgern helfen, gerade im finanziellen Bereich, haben wir unseren Antrag: Zahlung
des Elternbeitrages von April bis Dezember 2021 für Kindergarten- und OGS Beiträge für nur ein beitragspflichtigen Kind gestellt. Während der Pandemie und der damit verbundenen Schließung des Präsenzunterrichtes bzw. der Nichtbetreuung der Kinder in den Kindergärten haben wir diese Beträge mit einstimmigen Ratsbeschluss nicht erhoben bzw. bereits gezahlte Beträge erstattet. Im letzten Jahr haben viele von uns weniger Familieneinkommen bezogen. Unternehmer durch Nichtöffnen ihrer Geschäfte, Arbeitnehmer durch Kurzarbeitergelder, geringfügig Beschäftigte durch Nichtweiterbeschäftigung, somit fast alle Bürgerinnen und Bürger. Diese, teilweise sehr hohen Mindereinnahmen fehlen und mussten und müssen immer noch ausgeglichen werden. Gerade junge Familien, durch Kauf, Bau oder Renovierung des Eigenheims an Kredite gebunden oder durch Mieterhöhungen bzw. Anheben der Nebenkosten (Gebührenanhebung im Frisch- und Abwasser) brauchen jeden Cent. Wir sind der Meinung, dass die Kommunen und die Politik gerade den jungen Familien jetzt etwas zurückgeben sollte. Selbst die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW sagt, dass „gerade Familien in der Krise besonders gefordert sind und waren“. Weiterhin führt die Arbeitsgemeinschaft aus, dass ohne Beitrag des Landes die Kommunen die Erwartungen der Eltern nicht erfüllen können. Die SPD Fraktion ist jedoch der Meinung, dass der Haushalt der Stadt Brakel es finanziell ermöglicht, die Mindereinnahmen der OGS Beiträge aus der Freistellung des zweite und jedes weiteren Kindes, sowie die Übernahme der Transferleitungen an den Kreis Höxter aus den Kindergartenbeiträgen für die Beitragsbefreiung des zweite und jedes weiteren Kindes zu stemmen. Die Höhe dieser fehlenden Einnahmen bzw. zu übernehmenden Beiträge für 9 Monate ist lt. Auskunft der Verwaltung nicht so leicht zu beziffern, liegt unserer Meinung nach allerdings in einem für alle Bürgerinnen und Bürger vertretbaren Bereich. Schade, dass die Mehrheit diesen Antrag ablehnte. Unserer Meinung nach wäre die Zustimmung ein Zeichen der Achtung, Dankbarkeit, Mutmachung an die Familien gewesen. Hiermit verbunden stellten wir auch den Antrag, den Familienpass, also Vergünstigungen für Familien von drei auf zwei Kinder herabzusetzten. Auch hierfür konnten wir keine Mehrheit finden.
Nun komme ich zu einem Antrag der CDU, welchen wir nicht mittragen können. Die Streichung der Planungskosten für den Sportplatz Siddessen. 2016 stellte die SPD Fraktion erstmalig den Antrag, den Sportplatz Pahenwinkel auszubauen. Daraufhin wurde ein Sportstättenkonzept erarbeitet, welche sukzessiv abgearbeitet werden sollte und wurde, immer unter Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten. Bis auf die Sportanlage Siddessen sind alle Maßnahmen durchgeführt. Die, in der letzten
Ratssitzung von der CDU beantragte und mehrheitlich beschlossene Aufstellung eines neuen Sportstättenkonzeptes und damit verbunder Streichung dieses Haushaltsansatzes sehen wir als falsches Signal in Richtung unserer Dörfer.
Ebenso sehen wie die Bereitstellung eines Pauschalbetrages für die Bezirksausschüsse als falsches Signal. Es kann unserer Meinung ja nicht sein, dass einerseits Hilfen für Familien abgelehnt, aber pauschal Gelder an Ausschüsse gezahlt werden sollen zur Weitergabe, ohne dass die Bedürftigkeit der Empfänger überprüft wird. Hier könnten wir der Bereitstellung und Auszahlung von Mitteln generell zustimmen, aber nur mit Nachweis der Bedürftigkeit, Notwendigkeit als schnelle Hilfe.
Nun zum oben erwähnten, durch unsere Fraktion zurzeit nicht mehr mitgetragenen Projekt.
„Die Stadt Brakel informiert:“. Dies titelte ein Infozettel der Verwaltung als Beilage zur den Trinkwasserabrechnungen 2019.
Ein Riesenthema, ein langfristiges Thema, welches uns seit mehreren Jahren bereits begleitet und noch begleiten wird.
Über 20. MIO Euro vor Zuschüssen wurden bereits und sollen in die Wasserversorgung, Abwasseraufbereitung und in eine Enthärtungsanlage investiert werden. Diese Investitionen sind in vielen Bereichen absolut notwendig, um die Wasserversorgung störungsfrei zu gewährleisten. Allerdings wird auch in freiwillige Maßnahmen investiert. Hier ist die Enthärtungsanlage genannt.
Die Gebühren mussten bereits aufgrund der durchgeführten und der noch durchzuführenden Maßnahmen von 0,87 Euro (bis 2016), über 1,25 Euro (2017 – 2019), auf 1,90 Euro (2020 bis 2022) angehoben werden. Nach derzeitigem Stand werden sie ab 2023 zwischen 2,50 Euro und 2,60 Euro liegen. Hierin sind nach aktuellstem Stand 0,60 Euro Gebühr aufgrund der Enthärtungsanlage enthalten.
Die SPD Fraktion hat zu jedem Zeitpunkt kritisch hinterfragt, ob Kosten und Nutzen dieser Enthärtungsanlage im Einklang und zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger stehen. Bisher haben wir diese Frage bejaht und einer Enthärtungsanlage zugestimmt.
ABER…
Hinsichtlich meiner oben gemachten Ausführungen der finanziellen Probleme vieler Bürgerinnen und Bürger aufgrund der Pandemie, auch im Hinblick, dass diese finanziellen Probleme noch lange nicht enden werden, sehen wir aktuell einen Bau dieser Enthärtungsanlage gerade im Hinblick auf die „Kosten – Nutzen – Frage“ als nicht richtig an. Es handelt sich um ein Millionenprojekt, welches unmittelbar finanzielle zurzeit nicht tragbare Belastungen für alle Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Weiterhin hat die Stadt zurzeit nicht die liquiden Mittel, diese Ausgabe zu tätigen. Die Gelder müssen am Markt beschafft werden und werden unsere Haushalte über Jahre belasten.
Aufgrund der Ablehnung unseres Antrages hinsichtlich der Enthärtungsanlage – Streichung der Geldweitergabe an die WBB Brakel GmbH, den wir als sehr gravierend ansehen, stimmt die SPD Fraktion dem Haushalt nicht zu.
Zum Schluss möchte ich im Namen der SPD Fraktion allen Bediensteten der Verwaltung und Ihnen Herr Bürgermeister Temme danken, für ein faires und offenes Miteinander, besonders dem Kämmerer Dominik Schlenhardt und dem Bauamtsleiter Johannes Groppe für die Beantwortung aller unserer Fragen zum Haushalt.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!